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Legaler schweizer Sklavenhandel


Im Jahr 2013 kündigte ich meine Arbeitsstelle als Filialleiterin. Nach 13 Jahren im Verkauf und mitten in einem Burnout, hatte ich die Wahl mich mit Medikamenten vollzupumpen oder mir eine Auszeit zu nehmen, zur Ruhe zu kommen um wieder „arbeitsfähig“ zu werden.

Nach 2 Monaten Pause fand ich eine befristete 60 % Stelle in einer Buchbinderei. Etwas vollkommen anderes, was ich nach den Jahren im Dienstleistungssektor auch wollte. Es war eine Herausforderung und körperlich eine anstrengende Arbeit, aber ich fand Gefallen daran mit meinen Händen zu arbeiten. Anfang 2014 gabs jedoch immer weniger zu tun und ich wurde freigestellt. Ich fand nicht gleich wieder etwas Neues und so entschied das Regionale Arbeitsvermittlungsamt, kurz RAV, mich in einem Beschäftigungsprogramm unterzubringen. Es gibt „soziale“ Einrichtungen wie die Stiftung Wendepunkt, die Menschen aufnehmen um sie wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und zu resozialisieren in dem man sie von halb 8 morgens bis 16.45 beschäftigt. Meine Beraterin teilte mir dies beim allmonatlichen Bratungsgespräch mit. Sie erzählte mir voller Begeisterung von den Möglichkeiten mich einzubringen:

-Die Abteilung Wäscherei, in der die Wäsche der Mitarbeitenden oder von Aufträgen von aussen, gewaschen, gebügelt und geflickt werden

-Die Hauswirtschaft, ein Team welches die Kantine betreut, kocht und den ganzen Laden putzt

-Die Fensterläden-Renovation, Fensterläden werden per Auftrag abgeholt, geschliffen und neu gestrichen

-Eine Verpackungsabteilung, bei der primär den ganzen Tag Spritzen von Hand eingepackt werden

-Und der Allroundservice, Arbeitseinsätze für Industrie, Gemeinde und Private, Haus und Garten, Veranstaltungs- Umzugs und Räumungsservice und Wald- und Naturschutzarbeiten

Ich war mit meiner Beraterin immer sehr offen, sie weiss wie ich lebe, wie und wo ich mich engagiere und somit akzeptierte sie natürlich auch meinen Wunsch in die Allroundabteilung eingeteilt zu werden, da ich fand, das dies für mich die einzig sinnvolle Abteilung ist.

Am gleichen Abend setzte ich mich an meinen Rechner und schaute mir mal die Website vom diesem Wendepunkt an. Ich will die Beschreibung mal kurz erläutern:

Die Stiftung Wendepunkt mit ihren drei Tochterfirmen bietet 660 Arbeits-, Abklärungs-, Ausbildungs-, Wohn- und Tagesplätze, die von 160 Fachpersonen geführt werden.

Das Programm zur vorübergehenden Beschäftigung wird von der Arbeitslosenversicherung finanziert und strebt eine rasche, möglichst dauerhafte Eingliederung ins Berufsleben an.

Die Teilnehmenden werden von der Regionalen Arbeitsvermittlung RAV zugewiesen und können maximal drei oder sechs Monate im Programm bleiben. Sie arbeiten in einem Arbeitsbereich in Muhen, Oftringen oder Wettingen und werden von Fachpersonen professionell angeleitet und gefördert.

Ich hatte 3 Monate keine Stelle wurde jedoch in ein Programm für Langzeitarbeitslose gesteckt. Ok. Ich wollte mir das ganze mal anschauen und war gespannt auf was für Menschen ich dort treffen würde.

Zuvor musste ich jedoch zu einem Vorstellungstermin.

Als ich das Gelände betrat, hatte ich ein komisches Gefühl in meinem Magen. Die ganze Atmosphäre schien mich gerade zu erdrücken. Ich betrat, das grosse, baufällige Gebäude und meldete mich beim Empfang. Da ich zu früh war, bat man mich draussen zu warten. Ich sass auf einer Bank und eine junge Frau, mit wie man so schön sagt „Migrationshintergrund“ kam auf mich zu. Sie fragte mich ob ich auch zum Vorstellen müsse und so kamen wir ins Gespräch. Diese junge Frau zu meiner linken, hatte 2 Kinder hintereinander geboren, das letzte vor 4 Monaten. Sie arbeitete halbtags als Friseuse, doch dies reichte dem RAV nicht und so musste sie ihre beiden Kleinkinder zu Hause in der Obhut der Mutter lassen und noch zusätzlich 50% hier arbeiten. Als ich dies hörte, begann ich innerlich langsam zu kochen.

Wir wurden rein gerufen und man führte uns eine Treppe hoch in ein Schulungszimmer. Eine Frau Mitte Dreissig führte uns in den Wendepunkt ein. Ich sass da, hörte ihr zu und fragte mich immer öfters, WAS MACHE ICH HIER EIGENTLICH!?! Mit gütigem und verständnisvollem Lächeln teilte sie uns mit, ihre Aufgabe hier sei es uns Arbeitslosen wieder eine Tagestruktur zu geben, uns wieder Pünktlichkeit zu lernen und zu resozialisieren. Es war mir zwar neu, dass ich keine Tagesstruktur hatte, auch wusste ich bis dahin noch nicht von meiner Unpünktlichkeit und das ich auch noch resozialisiert werden sollte brachte das Fass zum überlaufen.

Es klopfte als ich gerade damit beschäftigt war nicht zu explodieren, ein junger schlaksiger Mann, mit Migrationshintergrund, kam herein und lies sich mit einer plumpen Entschuldigung gelangweilt neben mir auf den Stuhl fallen. Kurz darauf klopfte es erneut und eine Dame um die 45, mit Migrationshintergrund, betrat ebenfalls entschuldigend den Raum. Die gute Frau die uns einführte, schien sich solches Verhalten gewohnt zu sein und fuhr unbeeindruckt mit der Einführung fort in dem sie uns aufforderte ihr zu folgen und sie zeigte uns den Betrieb und die verschiedenen Abteilungen. Wir betraten als erstes die Wäscherei. Ich erblickte um die 20 Frauen, alle mit Migrationshintergrund, einige sprachen nicht mal Deutsch, niemand lächelte, alle emsig am arbeiten. Weiter gings in die Werkstatt, in der die Fensterläden geschliffen wurden. Um die 10 Männer, alle mit Migrationshintergrund, mühten sich in einem kleinen, schlecht belüfteten, staubigem Raum an den alten Holzläden ab und dies OHNE ATEMSCHUTZ. Niemand lächelte. Dann führte sie uns in die Kantine und deren Küche, wo es mir beim Anblick Der Dosen, der Gewürze und Saucen fast den Magen umdrehte, als ich dann noch die Getränkeauswahl von Cola, Fanta und Co sah war mir klar, dies würde ich mir und meinem Körper bestimmt nicht antun. Früher wäre mir dies nicht aufgefallen, doch habe ich mich intensiv mit der Ernährung, Zusatzstoffen, Konservierungsmittel und so weiter auseinander gesetzt und ich begann erneut zu kochen. Den Menschen hier blieb gar nichts anderes übrig, das Essen war billig und niemand hier hatte viel Geld, das war klar.

In der Verpackungsabteilung trafen wir auf IV-Rentner die alle um einen Tisch sassen und Spritzen einpackten, den ganzen Tag, die ganze Woche. Niemand lächelte. Die Allroundabteilung konnte sie mir leider nicht zeigen, da die Einsätze ausserhalb stattfanden, aber ich bekam meine Arbeitskleidung, Gummistiefel, Handschuhe und Regenkleidung.. Mir wurde auch mein Schliessfach zugeteilt, welches sich in der Männergarderobe befand, ohne Möglichkeit, mich alleine umzuziehen.

Nach alle dem machte ich mich etwas verstört auf den Heimweg. Ich musste dies erst mal verdauen. Es reichte mir eigentlich bereits was ich bis jetzt gesehen hatte und es graute mir in der kommenden Woche dort zu erscheinen.

Ich betrat am folgenden Mittwochmorgen um 7.25 das Gebäude von Hinten, es führt ein langer Gang zum Empfang, vorbei an den Türen zu den Abteilungen. Und ich fand mich gerade in einem schlechten Film wieder.

Um die 50 Menschen, alle mit Migrationshintergrund, standen in Reih und Glied, den Kopf gesenkt, apathisch und verloren vor den Türen und warteten dass sie mit der Arbeit beginnen mussten. Ich ging an ihnen vorbei, lächelte und grüsste sie. Einige wenige hoben schüchtern den Kopf, aber mehr kam nicht. Ich kann nicht beschreiben, was in diesem Moment alles für Gefühle in mir aufkamen als mir etwas klar geworden war. All diese Menschen hier hatten sich komplett aufgegeben und sich der Situation und dem Staat ergeben. Ich fühlte mich wie auf einem Sklavenmarkt! Irgendwie versuchend dies alles zu realisieren und nicht auszuflippen ging ich zum Empfang und ich wurde gebeten draussen auf mein Team zu warten. Ich sah eine kleine Gruppe, im strömenden Regen draussen stehen. Ein junger Schweizer und eine junge Schweizerin, er hatte eine Lernbehinderung und sie war ein Sozialfall mit Drogen und Alkoholproblem, einem älteren Herrn um die 50 und ein paar weitere jüngere Männer, alle mit Migrationshintergrund. Der eine Teamleiter kam und pickte sich ein paar von uns raus, die mit ihm einen Umzug vornehmen sollten und so sass ich 10 Minuten später mit dem Leiter, dem jungen Schweizer und dem älteren Herrn aus dem Osten Europas in einem Bus. Wir mussten einer Frau, im strömenden Regen und ohne Regenkleidung, helfen die restlichen Sachen vom Umzug noch in die neue Wohnung zu bringen. Der Leiter sprach mit uns als wären wir leicht zurückgeblieben und sagte uns wie wo was zu tun wäre.

Als er vorschlug, zu viert einen Schrank auseinander zu nehmen, musste ich intervenieren und ihn daran erinnern, dass wir schneller arbeiten, wenn bloss 2 sich um den Schrank kümmern und die andern beiden sich mit dem raustragen der restlichen Dinge beschäftigen. Etwas fragend schaute er mich an, wies uns jedoch an, es nach meinem Vorschlag zu machen.

Um 13 Uhr hatten wir es geschafft und machten uns triefend vor Nässe auf den Weg zurück, um Mittagspause zu machen und auf den nächsten Auftrag zu warten. Natürlich habe ich mein Essen von zu Hause mitgebracht!

Nach der Pause wurde ich in eine Gruppe eingeteilt mit einem jungen Schweizer und einem jungen, symphatischen Mann mit dunkler Hautfarbe. Der Hauptteamleiter fuhr den Transportbus und wir kamen ins Gespräch, ich erkundigte mich über die Kosten für Umzugs und Reinigungsarbeiten die der Endkunde für unsere Dienste bezahlen müsse und er erzählte mir dass der Wendepunkt pro Person im Einsatz pro Stunde CHF 38.- verdiene, was ich erst mal runterschlucken musste, als ich an den Lohn dachte, den sie uns auszahlten! Bei einer älteren Dame angekommen, bei der die Hecken geschnitten werden mussten, wurden wir unseren Aufgaben zugewiesen. Wir begonnen mit der Arbeit und die weisshaarige, grimmige alte Schachtel stand die ganze Zeit da und beobachtete den dunkelhäutigen mit herablassendem Blick bei der Arbeit. Ich musste mich beherrschen und auf meinen Mund sitzen. Irgendwann schien sie aber bemerkt zu haben, dass der Typ trotz seiner Hautfarbe die Hecken sogar mehr als sorgfältig schneiden kann und begab sich ins Haus. In der Pause unterhielt ich mich weiter mit dem Teamleiter welcher mir erzählte, dass er nur noch 2 Wochen in dieser Einrichtung arbeite, da ihm gekündigt worden sei. Auf meine Frage weshalb, antwortete er nicht gleich, er schien abzuwägen, ob er mir dies erzählen könne, schien sich dann aber dafür entschieden zu haben, dass es so wie so keine Rolle mehr spielte und berichtete mir, dass seine Vorgesetzten der Meinung seinen er sei zu wenig streng mit den Arbeitern. Er offenbarte mir, dass er eigentlich jedes gesprochene Wort dass zwischen Ihm und einem Arbeitern fällt, dokumentiert und weitergeleitet werden müsse, was ihm jedoch widerstrebte, da er das geschenkte Vertrauen nicht missbrauchen wollte. Und deshalb könne es gut sein, dass er in ein paar Wochen in derselben Situation sei wie ich und eben falls in ein Beschäftigungsprogramm müsse. Ich war sprachlos, ob diesen Stasi-Methoden! Waren wir angestellte oder Verdächtige?!? Was ich bisher gesehen und miterlebt habe, hatte mir eigentlich bereits gereicht...

Um 16.00 Uhr war auch dieser Auftrag erledigt und so gings zurück in die Sklavenhalle.

Als ich eine halbe Stunde später auf dem Heimweg war, war ich am Boden zerstört. Es war mir alles zu viel. All diese Menschen, verloren und vom Staat als billige Arbeitskraft missbraucht. Sie haben sich aufgegeben und lassen alles mit sich machen, weil man sie mit Geld erpresst! Wenn sie nicht parieren, gibt’s eben weniger Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld. Die Menschen werden einfach in eine Abteilung gezwängt, frei nach dem Motto „Arbeit macht frei“. Die Menschen dort sind unglücklich. Das sieht und spürt man, was mir auch in einigen Gesprächen mit Beteiligten bestätigt wurde. Die Arbeit macht für sie keinen Sinn, sie entsprechen keineswegs ihren Talenten, es geht einfach nur darum sie mit aller Gewalt zu beschäftigen!

Ich verbrachte einen gequälten Abend, an dem ich mir das Hirn zermarterte wie ich da wieder rauskomme und wie ich diesen Menschen helfen kann.

Am nächsten Tag musste ich erst um 12 Uhr in der Stiftung erscheinen, da ich fürs Feld eingeteilt war. Es regnete erneut, weshalb ich in meinen viel zu grossen Regenklamotten erschien. Wir wurden in den Bus verfrachtet, ich und 3 deutsche ältere Herren, alle mit einem Alkoholproblem, welche mir bei der Hinfahrt erzählten dass sie sich bereits vor der Arbeit 3 bis 4 Bier genehmigten, da Alkohol während der Arbeitszeit verboten sei. Die Frage wie viel der Fahrer wohl getrunken hatte verdrängend, hörte ich den Männern bei ihren Gesprächen zu. Ich war schockiert mit welcher Selbstverständlichkeit sie über ihr Dasein als staatliche Sklaven sprachen. Ihnen war vollkommen bewusst wie sie ausgenutzt wurden, aber was wollten sie schon tun, sie brauchten das Geld.

Wir kamen bei der Gärtnerei an und wurden vollgepackt mit den Stecklingen aufs Feld gebracht. Uns erwartete ein indischer Vorarbeiter mit seiner Frau, die kein Wort Deutsch sprach und einen Wagen mit einem Plastikdach, 3 Holzbänken und Gabeln um die Füsse reinzustellen. Wir sassen je zu zweit nebeneinander, die Frau des Inders neben mir und die andern hinter uns. Unser Transportmobil hatte einen Motor, wir fuhren rückwärts über den holprigen Acker, die Füsse in den Gabeln und mussten vornübergebeugt die Stecklinge im 10 Sekundentakt mit einer Drehbewegung in die Erde rammen. Nach 3 Stunden machten wir Pause, mein Hintern schmerzte von der harten Holzbank, meine Füsse waren eingeschlafen und eiskalt in den Gummistiefeln, ich dachte mein Rücken würd ich nie mehr gerade bekommen und mein ganzer rechter Arm war von den stundenlangen immer wiederholenden Bewegungen total im Eimer und als ich dringend auf die Toilette musste, lachten die Anwesenden nur und meinten so was gibt’s hier nicht, ich müsse entweder meine Beine zusammenkneifen oder mich hinter dem Bus erleichtern, wo jeder von der Strasse her meinen Allerwertesten bestaunen konnte. Was blieb mir anderes übrig? Als ich fluchend über den Acker zurückstolperte, wurde ich vom Vorarbeiter mit den Worten „Hey Frau“ wieder in den Wagen zurückbeordert. Ok, nun war ich eindeutig in der Sklaverei angekommen. 2 Stunden später, wurden wir gnädiger Weise entlassen. Mein Arm schmerzte höllisch und mein Ellbogen war angeschwollen. Auf dem Rückweg rief ich den Teamleiter an und informierte ihn über die Schmerzen und bat ihn mich für den nächsten Tag wo anders einzuteilen.

Als ich endlich zu Hause ankam brach ich heulend zusammen. Mein Körper war vollkommen im Arsch! An meinem Hintern hatte ich blaue Flecken von der Holzbank die mir 5 Stunden lang gegen die Knochen schlug. Mein Rücken und mein Nacken waren steif und meinen rechten Arm konnte ich nicht mehr drehen, mit der Hand nicht mehr zugreifen und jede Bewegung versetzte mit einen Stich. Es wurde mit jeder Stunde schlimmer und so fuhr ich am Abend noch ins Krankenhaus wo man einen Tennisarm diagnostizierte. Durch die stundenlange, ungewohnte, gleiche Bewegung hat sich alles entzündet. Der Muskel, der Nerv und das Gelenk. Ich wurde für den kommenden Tag krankgeschrieben und an meinen Arzt verwiesen. Der Besuch beim Arzt brachte mir ein weiteres 2 wöchiges Zeugnis ein und die Gewissheit, 1 bis 2 Jahre Schmerzen und Komplikationen vor mir zu haben.

Nun hatte ich Zeit das Erlebte zu verarbeiten und mir Gedanken zu machen. Einerseits gings mir natürlich um das was ich erlebt hatte und die Folgen mit denen ich nun zu kämpfen hatte, andererseits war ich einfach nur schockiert über diese Einrichtung, über die Menschen dort und wie man mit ihnen umging. Auch die Gesetzesverstosse wurden mir erst dort richtig bewusst und mir war klar, ich werde dort nicht mehr zur Arbeit erscheinen! Egal was es für Konsequenzen für mich haben wird und so rief ich meine RAV Beraterin an, erzählte ihr kurz was passiert sei und wollte von ihr wissen, was auf mich zu kommt, wenn ich dieses Arbeits- und Erziehungslager verweigere. Sie war überrascht, meinte sie höre nur Gutes vom Wendepunkt und riet mir mit aller Eindringlichkeit davon ab und begann von Gesetzen zu faseln. Da musste ich intervenieren und fragte sie, wenn sie schon auf Gesetzen rumreite was denn mit dem Arbeitsgesetz sei? Ich Zitiere:

Arbeitsgesetz

Art. 2

Grundsatz

1

Der Arbeitgeber muss alle Massnahmen treffen, die nötig sind, um den Gesundheitsschutz zu wahren und zu verbessern und die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Insbesondere muss er dafür sorgen, dass:

a. ergonomisch und hygienisch gute Arbeitsbedingungen herrschen;

b. die Gesundheit nicht durch schädliche und belästigende physikalische, chemische und biologische Einflüsse beeinträchtigt wird;

c. eine übermässig starke oder allzu einseitige Beanspruchung vermieden wird;

d. die Arbeit geeignet organisiert wird.

Wiederspricht so ziemlich allem was ich auf dem Feld erlebt hatte und die Männer die ich in dem Raum beim Abschleifen der Farbe auf den Fensterläden beobachten konnte, die ohne Atemschutz dem ganzen Staub und den Chemikalien in der Farbe ausgesetzt waren, wurden demnach auch nicht Gesetzeskonform behandelt.

Dazu kommen noch zwei weitere Gesetzesverstosse:

Art. 29

3

Für Frauen und Männer sind getrennte Garderoben, Waschanlagen und Toiletten

oder zumindest eine getrennte Benutzung dieser Einrichtungen vorzusehen.

Sie waren nicht nur vorgesehen, sogar vorhanden, jedoch bekam ich mein Schliessfach in der Männergarderobe.

Art. 32

Toiletten

1

In der Nähe der Arbeitsplätze, Pausenräume, Umkleideräume und Duschen oder

Waschgelegenheiten sind Toiletten in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen.

2

Die Zahl der Toiletten richtet sich nach der Zahl der gleichzeitig im Betrieb

beschäftigten Arbeitnehmer.

3

Toiletten sind von den Arbeitsräumen durch lüftbare Vorräume zu trennen und

ausreichend zu lüften.

4

In der Nähe der Toiletten müssen zweckmässige Einrichtungen und Mittel zum

Waschen und Trocknen der Hände vorhanden sein.

Mir ist klar, dass man auf einem Feld keine Luxustoilette erwarten kann, aber doch immerhin ein ToiToi-Klo!

Sie versicherte mir dem nachzugehen, riet mir dies noch Mals gut zu überdenken und beendete das Gespräch.

Die nächsten 2 Wochen zerbrach ich mir den Kopf, was ich tun sollte. Da mein Arm noch immer schmerzte, ging ich erneut zum Arzt, dem ich die ganze Geschichte erzählt hatte und er schrieb mich gleich für weitere 3 Wochen krank. Ich rief an, da ich mein Arztzeugnis vorbeibringen musste und da mein Teamleiter am nächsten Tag seinen Abschluss hatte, bat er mich dann um die Mittagszeit zu kommen, er spendiere dem Team eine Wurst auf dem Grill. Ich lehnte die Wurst ab, versprach aber um diese Zeit vorbeizukommen, da ich ihn eigentlich mochte und er so ehrlich zu mir war, wollte ich mich doch von ihm verabschieden und ihm alles Gute für die Zukunft wünschen.

Als ich ankam sah ich den älteren Herrn vom ersten Tag, der mit mir beim Umzug war und wie ich den ganzen Tag in nassen Klamotten rumrennen musste. Er war total erkältet und sah furchtbar aus. Ich fragte ihn was er eigentlich hier mache, er gehöre doch ins Bett, da meinte er nur er müsse doch arbeiten kommen. Ich sah ihn verblüfft an und sagte ihm, seine Gesundheit sei wichtiger als alles andere und dass er schauen soll, dass er schleunigst nach Hause komme. (Wie ich später erfahren habe, hat er meinen Rat befolgt und hat sich auskuriert).

Ich unterhielt mich dann noch eine Weile mit dem Teamleiter von dem ich erfahren musste, dass man meine Bitte dass man mich am nächsten Tag nicht wieder aufs Feld schickte als Zeichen der Schwäche erkannt habe, ich sei nicht belastbar. Und meine Aussage bei meiner Beraterin über das Arbeits- und Erziehungslager hat auch schon die Runde gemacht.

Ich verabschiedete mich vom Teamleiter, meinen kurzzeitlichen Kollegen und dem Wendepunkt. Irgendwie wusste ich, dass ich zum letzten Mal hier war. Egal wie, egal wie viel Geld sie mir sperren würden, ich würde nicht noch ein mal hier erscheinen. Und so kam es auch, eine Woche später bekam ich einen Brief, der mir mitteilte, dass wenn ich am nächsten Donnerstag nach insgesamt 21 Tagen Abwesenheit nicht wieder erscheine, der Vertrag aufgelöst würde. Hallelujia! Natürlich bin ich nicht wieder dort erschienen!

(Man merke sich solche Regeln!)

Ich konnte sogar zurück in die Buchbinderei und da es wieder mehr Arbeit gab, wurd ich auch noch fest eingestellt. Nun ist dies jedoch eine Arbeit, die ich mit meinen Händen verrichten muss. Nach 3 Wochen gings nicht mehr, weil mein Arm sich wieder entzündet hatte und ich konnte die Stelle nicht behalten.

Ich hatte 2 Jahren Schmerzen . Trotz allem hat dieser Tennisarm mich aus der Situation befreit...

Mein Fazit aus dieser Geschichte

ich wurde ich in ein Beschäftigungsprogramm (Arbeits- und Erziehungslager) gesteckt, welches nach dem Motto „Arbeit macht frei“ um jeden Preis Nichtschweizer, Sozialfälle, Drogen und Alkohol-Patienten, Langzeitarbeitslose und andere Arbeitslose im System integrieren wollen. Die Menschen und ihre Situationen werden ausgenutzt und ausgebeutet. Wie gesagt, der Hauptbestandteil der Arbeiter waren Ausländer, viele sprechen kaum Deutsch und können sich nicht mal wehren! Das Programm sollte zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dienen. Wie und wann hätte ich mich bitte noch für eine Stelle bewerben sollen? Ich war 100% dort beschäftigt und mir wurden in der Woche gerade mal 2 Stunden für die Arbeitssuche zur Verfügung gestellt und dies auch noch mit Stellen die sie mir raussuchen würden...

Von wegen. Es geht gar nicht darum den Menschen die Chance in den Arbeitsmarkt zu erhöhen. Es geht darum die Arbeitslosenstatistik zu beschönigen, denn wer in einem solchen Programm ist, gilt nicht länger als arbeitslos. Es geht darum, die Menschen unter Kontrolle zu halten, zu beschäftigen, vom Denken abzuhalten und als billige Arbeitskräfte für unzumutbare Arbeiten wieder auf den Markt zu werfen.

Der Wiedereingliederungsversuch bei mir war ein voller Misserfolg.

Heute lebe ich als freier, glücklicher Mensch und arbeite bloss so viel, wie ich wirklich zum Leben brauche. Ich boykottiere dieses System so weit es geht, denn es entspricht weder meiner Natur, noch meiner Seele. Ich musste diesen Weg machen, um mich selbst zu finden, auch um meinen Wert zu entdecken und zu lernen, was mir wirklich wichtig im Leben ist. Ich habe gelernt mit sehr wenig Geld zu leben und durch die viele Zeit die ich hatte, las ich viel und bildete mich weiter. Durch mein Wissen, verlor ich die Angst, insbesondere vor dem Staat und der Obrigkeit. Mein anerzogenes Bürgertum ging verloren. Ich erkannte mich als freies, spirituelles Wesen dieser Erde, als Kind von Mutter Natur und nicht von Vater Staat.

Ich bin ich dankbar für diese Erfahrung!

Ich wusste nicht, dass es solche Einrichtungen in der Schweiz gibt, in der Arbeitenden wie Sklaven gehalten werden. Über 600 Menschen in der Schweiz müssen dieses Schicksal täglich weiter erdulden. Die Hoffnung bleibt, dass immer mehr Menschen berichten, was an solchen Orten vor sich geht. Dass immer mehr Menschen den Mut bekommen sich zu wehren.

Klar, es mag ein edler Gedanke hinter dem ganzen gesteckt haben, sozial schwachen Menschen wieder eine Aufgabe zu geben und sie wieder unter Menschen zu bringen. Aber nicht so! Jeder dieser Menschen braucht eine individuelle Behandlung, je nach Vergangenheit und Erlebtem. Menschen werden nicht einfach so zu Sozialfällen, Flüchtlingen oder zu Drogen- und Alkoholabhängigen. Hinter ihnen steht eine Geschichte die berücksichtigt werden muss. Es nützt nichts die Auswirkungen zu bekämpfen, das Arbeitslos sein, man muss der Ursache auf den Grund gehen und die Menschen richtig unterstützen, sie fördern und sie nicht missbrauchen für solche Arbeiten.

Kein Mensch hat eine solche Behandlung verdient! Und vor allem nicht jene die vom Schicksal schon genug gestraft sind!

Arbeit ist nicht gleich Arbeit...

Beruf ist nicht gleich Berufung.

J.A.

Ein Artikel aus 2015, der sich mit Ähnlichem befasst:

Lachverbot und Morgenappell im Beschäftigungsprogramm

R. B. war Handelskaufmann und wurde mit 52 Jahren arbeitslos. Damit begann seine Entwürdigung aber erst. Wohl kein Einzelfall.

http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/lachverbot-und-morgenappell-im-kantonalen-beschaeftigungsprogramm/story/20787518#mostPopularComment


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